Dienstag, 27. Dezember 2022

Bausparvertrag-Kontoführungsgebühr - BGH Urteil sorgt für Erstattungsanspruch erhobener Gebühren in der Ansparphase

In einem Musterverfahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 15. November 2022 entschieden, dass Bausparkassen keine Kontogebühren, Servicepauschalen oder Jahresentgelte in der Ansparphase verlangen dürfen. Nach Ansicht des BGH benachteiligen sie die Kunden. Der Verbraucherzentrale Bundes­verband (vzbv) hatte in diesem Fall gegen die Bausparkasse BHW geklagt, die konkret von ihren Kunden ein Jahresentgelt von 12 Euro für jedes Konto in der Ansparphase berechnet hat. Nach Einschätzung des vzbv wirkt sich das Urteil in Deutschland auf rund 24 Millionen Bausparverträge aus. Sind Sie Bausparerin oder Bausparer, dann sollten Sie jetzt aktiv werden und die Erstattung dieser Kosten fordern. Betroffene können versuchen, sich das Geld für 10 Jahre rückwirkend zurückzuholen.

Worum ging es bei Verfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH) bezüglich der Gebühren bei Bausparverträgen

Bei Bausparverträgen fallen über die Laufzeit Gebühren für den Abschluss, das Darlehen und die Kontoführung in der Ansparphase und Darlehensphase an. Die Wirksamkeit dieser Gebühren muss der sogenannten AGB-Kontrolle standhalten. Hierzu hatte sich der BGH auch schon einmal geäußert und die Wirksamkeit der Abschlussgebühr bereits im Dezember 2010 bestätigt. Es liege keine unangemessene Benachteiligung vor, da die Gebühr der Gewinnung von Neukunden dient (Az. XI ZR 3/10). Die Erhebung einer Darlehensgebühr ist laut BGH-Urteil vom November 2016 dagegen unwirksam, da die Bausparkasse hierbei ihren eigenen Aufwand auf den Kunden abwälze (Az. XI ZR 552/15).

Bei der Kontoführungsgebühr wird nun zwischen der Ansparphase und der Darlehensphase differenziert. Der BGH hatte im Mai 2017 bereits entschieden (Az. XI ZR 308/15), dass Kontoführungsgebühren in der Darlehensphase nicht über AGB-Regelungen verlangt werden können und nun ebenso in der Ansparphase. "Die Klausel in den AGBs ist vielmehr unwirksam, weil die Erhebung des Jahresentgelts in der Ansparphase eines Bausparvertrags mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die Bausparer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Denn mit dem Jahresentgelt werden Kosten für Verwaltungstätigkeiten auf die Bausparer abgewälzt, welche die Bausparkasse aufgrund einer eigenen gesetzlichen Verpflichtung zu erbringen hat", schreiben die Richter in ihrer Begründung.


Bausparvertrag-Gebühr: So können Sie sich ihr Geld zurückerstatten lassen

Betroffene müssen selbst aktiv werden, um sich die zu viel gezahlten Gebühren erstatten zu lassen. Egal ob die Gebühren schon bei Vertragsschluss bestanden oder rückwirkend eingeführt bzw. erhöht wurden, sollten Bausparer ihnen widersprechen und das Geld zurückfordern, so die Empfehlung der Verbraucherschützer. Neben dem Mustertext der Verbraucherzentrale, hat auch die Stiftung Warentest dafür verschiedene Musterbriefe zusammengestellt. Der Widerspruch sollte schriftlich vorgenommen werden und am besten per Einschreiben oder Fax (per Sendebericht) verschickt werden. Nur so kann man nachweisen, dass das Schreiben tatsächlich bei der Bausparkasse angekommen ist.

Wichtig zu wissen ist: Das Urteil, welches nun rechtskräftig ist, bezieht sich zunächst nur auf Bausparerinnen oder Bausparer der beklagten BHW Bausparkasse. Sie können nun in Individualverfahren ihre zu viel gezahlten Gebühren einfordern. Für Bausparerinnen oder Bausparer anderer Bausparkassen ist das Urteil nicht bindend. Sofern die Bausparkassen kein Geld zurückerstatten wollen, müssten Betroffene also klagen.

Muss eine Verjährungsfrist beachtet werden?

Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass es eine Verjährungsfrist gibt. Ab wann die Ansprüche von Bausparerinnen und Bausparern verjähren, wurde aber vom BGH nicht entschieden. Ein Erstattungsanspruch verjährt grundsätzlich erst drei Jahre nach Kenntnis des Anspruchs. Dementsprechend müssten Bausparer ihre Ansprüche bis zum 31.12.2025 geltend machen. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale könnten Betroffene aber auch noch für einen längeren Zeitraum eine Erstattung fordern, nämlich für bis zu zehn Jahre. Danach würden Erstattungsansprüche für Bausparverträge zehn Jahre nach deren Beendigung verjähren, so die Meinung der Verbraucherzentrale. Damit könnten Bausparerinnen und Bausparer noch bis zum 31.12.2022 zu viel gezahlte Gebühren für Verträge zurückfordern, die im Jahr 2012 endeten. Ob der Anspruch tatsächlich länger gilt als drei Jahre, werden aber erst weitere Gerichtsverfahren zeigen.

Für Bausparerinnen und Bausparer, bei denen die Verträge bereits beendet sind, empfiehlt die Verbraucherzentrale sich an den zuständigen Ombudsmann der privaten Bausparkassen oder Landesbausparkassen (LBS) zu wenden und eine etwaige Verjährung der Ansprüche auf Rückzahlung der gezahlten Gebühren prüfen zu lassen.

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Dienstag, 13. Dezember 2022

Sonderkündigungsfrist Kfz-Versicherung - Auch nach Ablauf der Wechselfrist ist eine Kündigung möglich

Die Wechselsaison bei der Autoversicherung ist für dieses Jahr erst einmal beendet. Bis zum 30. November 2022 hatten Autofahrer in vielen Fällen die Möglichkeit, ihren alten Versicherungsvertrag zu kündigen, um im neuen Jahr mit einem anderen Anbieter preisgünstiger zu fahren. Doch wer die Frist verpasst hat, bekommt in bestimmten Fällen noch eine zweite Chance und kann nicht nur seinen Geldbeutel schonen, sondern auch seinen Versicherungsschutz auf Aktualität überprüfen.

Einmonatige Wechselmöglichkeit beginnt erst mit Zugang der Beitragsrechnung

Die meisten Autoversicherer verschicken ihre Beitragsrechnung mittlerweile nur noch mit einer Datumsangabe beispielsweise "November 2022". Damit werden die Versicherten im Unklaren gelassen, bis wann der Vertrag zu kündigen ist. Viele Beitragsrechnungen treffen erst Mitte oder Ende November bei den Versicherten ein. Hier ist es nun sinnvoll sich den Briefkuvert aufzuheben, auf dem der Poststempel ersichtlich ist. Denn wenn die Beitragsrechnung erst am 22. November eintrifft, kann der Vertrag bis zum 22. Dezember gekündigt werden. Hierzu benötigt man noch nicht einmal die Sonderkündigungsoption.

Auch bei einer Beitragserhöhung aufgrund einer neuen Typklasse oder Regionalklasse besteht die einmonatige Wechselchance

Gute Aussichten für einen späteren Wechsel gibt es, wenn die Autoversicherung teurer wird. In diesem Fall gilt zusätzlich zur regulären Kündigungsfrist ein Sonderkündigungsrecht. Der Versicherte hat in den meisten Fällen eine Kündigungsfrist von 4 Wochen, um sein Sonderkündigungsrecht zum Kfz-Versicherungsvertrag wahrzunehmen. Versicherer, die den Beitrag anheben, müssen für das neue Versicherungsjahr zum 1. Januar die Rechnungen bis spätestens Ende November versendet haben und in ihrem Schreiben auch auf das Sonderkündigungsrecht hinweisen. Als erstes ist hier die Beitragserhöhung aufgrund einer neuen Typklasse zu nennen. Jedes Jahr im Herbst gibt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eine Empfehlung zur Einstufung der Typklassen aufgrund der Unfallhäufigkeit der jeweiligen Kfz-Typklassen. Die Versicherungen folgen meist diesem unverbindlichen Strukturierungsvorschlag. Führt die Neueinstufung der Typklasse zu einer Beitragserhöhung, so hat man ein außerordentliches Kündigungsrecht. Die Einstufung der Typklasse kann man direkt aus der Beitragsrechnung entnehmen.

Die Wohnorte der Versicherungsnehmer sind in Regionalklassen aufgeteilt, die sich an der Unfallhäufigkeit, dem Fahrverhalten, den Straßenverhältnissen des Zulassungsorts etc. der letzten 5 Jahre orientieren. Ähnliche Zulassungsorte werden in Regionalklassen zusammengefasst. Auch diese werden einmal jährlich vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) geprüft, aktualisiert und gegebenenfalls neu eingeteilt. Ändert sich die Regionalklasse aufgrund einer Neustrukturierung seitens der Versicherung, so besteht die Möglichkeit einer Sonderkündigung der Kfz-Versicherung, soweit die Neueinstufung der Regionalklasse zu einer Beitragserhöhung geführt hat.

Anspruch auf Sonderkündigung bei geringerem Versicherungsschutz

Manchmal werden Kfz-Versicherungen nicht teurer, indem ein höherer Betrag unter dem Strich steht. Sondern die Beitragserhöhung besteht darin, dass der Versicherte zwar künftig den gleichen Preis zahlen muss wie bisher, dafür jedoch aufgrund einer entsprechenden Anpassungsklausel weniger Versicherungsschutz und Serviceleistungen erhält. Auch dies ist gemäß Versicherungsvertragsgesetz ein Sonderkündigungsgrund. Ob es um den Leihwagen im Schadenfall oder auch nur um die Deckung von Schäden durch Tierbiss geht, sollte man im Zweifelsfall den Deckungsumfang seines Kfz-Versicherungsangebots genau unter die Lupe nehmen. Auch hier bleibt dem Versicherten ein Monat nach der Mitteilung Zeit, außerordentlich zu kündigen und einen leistungsstärkeren und passenderen Vertrag zu finden.

Wird ein Schadenfall reguliert so greift auch hier das einmonatige Sonderkündigungsrecht

Kommt es zu einem Schadenfall, z.B. durch einen Unfall, so haben beide Vertragspartner (also sowohl Versicherung als auch Versicherungsnehmer) ein Sonderkündigungsrecht. Im Fall eines Schadeneintritts ist der Kunde nach Abschluss der Schadenregulierung innerhalb eines Monats zu einer Sonderkündigung der Kfz-Versicherung berechtigt. Auch wenn der Kunde mit der Schadenregulierung der Versicherung zufrieden ist, stellt die Sonderkündigung eine Möglichkeit zum Wechsel der Autoversicherung dar.

Auch ein Fahrzeugwechsel bieten die Möglichkeit eine neue Kfz-Versicherung auszuwählen

Ein eindeutiges Sonderkündigungsrecht haben Versicherte bei einem Fahrzeugwechsel - also beim Kauf eines Neu- oder Gebrauchtwagens verbunden mit dem vorausgehenden Verkauf des alten Fahrzeugs. Hierbei muss man nicht mit dem neuen Auto bei der alten Kfz-Versicherung bleiben. Im Fall eines Autowechsels kann somit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist die Autoversicherung gewechselt werden.

Besteht die Gefahr, dass man durch den späteren Wechsel ohne Versicherungsschutz dasteht?

Auch wenn am ersten Januar noch kein neuer Vertrag des künftigen Kfz-Versicherers vorliegt, müssen Sie keine Nachteile fürchten. Der neue Kfz-Versicherer verschickt nach Antragseingang vorab eine Bestätigung, dass der Vertrag eingegangen ist und angenommen wurde. Es besteht dann auch der volle Versicherungsschutz. Weiterhin sorgt der neue Kfz-Versicherer dafür, dass die zuständige Zulassungsstelle eine gültige eVB bekommt, mit der der Nachweis für die Haftpflichtversicherungspflicht bestätigt wird.

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